10-12 Quadratmeter, ein festgeschraubter Tisch, der gerade einmal den Durchmesser der Länge eines Unterarmes hat, ein völlig aseptisches Setting für vier Personen, die hier ggf. bis zu 180 Tage verbringen müssen. Auch in der EU nicht ungewöhnlich für ein Hochsicherheitsgefängnis. Neu ist jedoch, dass es sich um die erste ausgelagerte Abschiebungshaft in der EU, betrieben von der italienischen Regierung, in Albanien handelt. Die Einrichtung der im europäischen Pakt vorgesehenen Grenzzentren zur Durchführung eines beschleunigten Asylverfahrens - als solches sind auch die Zentren in Albanien entstanden - ist in Italien derzeit gescheitert. Um die hohen Kosten des Baus der albanischen Zentren zu rechtfertigen, aber auch, um die Durchsetzung der Abschiebungen in sog. sichere Herkunftsstaaten dennoch zu forcieren, wurden diese kurzerhand umgewandelt. Auf den Straßen finden immer mehr Razzien und Polizeikontrollen statt, um Menschen in Abschiebungshaft zu verbringen, die italienische Regierung benötigt Erfolge. Dies führt zu absurden Posts des italienischen Innenministeriums: das Gesetz zur Umwandlung der Zentren in Albanien in eine Abschiebungshaftanstalt sei eine “strategische und innovative Entscheidung der Regierung, auf die viele europäische Länder mit Aufmerksamkeit blicken und die Italiens Perspektive stärkt, Migrationsströme geordnet, sicher und effektiv zu steuern.” Wir sprechen von ca. 96 Plätzen in einem abgelegenen Hochsicherheitsgefängnis, in das Menschen aus anderen italienischen Abschiebungshaftzentren verlegt werden. Ob sie abgeschoben werden können, ist gar nicht klar. Doch Wähler*innen müssen beruhigt werden. Fakt ist, dass mehrere unangekündigte Besuche von Parlamentarier*innen deutlich gemacht haben, wie schlecht es um die Inhaftierten in italienischen Abschiebungshaftanstalten steht. Selbstverletzungen und Selbstmordversuche sind an der Tagesordnung, ebenso Revolten der Inhaftierten. Letztere können jedoch nun mit schweren Strafen geahndet werden, wie es das neue Sicherheitsdekret der Regierung vorsieht.
Dieses wartet derzeit auf seine Verabschiedung als Gesetz und enthält Maßnahmen, die die Räume für Freiheit und Dissens in besorgniserregender Weise einschränken. Zu den Neuerungen gehören die Umwandlung von Verwaltungssanktionen in Straftatbestände sowie die Einführung neuer Straftatbestände. Insbesondere werden die Strafen für Personen verschärft, die innerhalb von Gefängnissen oder Rückführungszentren (CPR) protestieren: Aufstände, Sachbeschädigungen oder auch nur passiver Widerstand können nun als Straftaten geahndet werden – mit Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren. Es handelt sich um einen Mechanismus, der den Widerstand selbst unter Bedingungen der administrativen Haft illegalisiert – also in Situationen, in denen der Freiheitsentzug nicht auf einer strafrechtlichen Verurteilung beruht.
Das Dekret betrifft nicht nur Migrant*innen, sondern richtet sich unter dem Vorwand der Sicherheit gegen jede Form von Widerstand: von Einschränkungen bei der Aufnahme über die Stärkung der Befugnisse der Ordnungskräfte in den Städten bis hin zu neuen Regelungen, die Räumungen und die Repression von Wohnungsbesetzungen erleichtern. Auch studentische oder ökologische Proteste könnten im Namen der öffentlichen Ordnung ins Visier geraten. Wer auf die Straße geht, demonstriert, einen verlassenen Ort besetzt, um dort zu leben oder ein soziales Zentrum zu schaffen, läuft Gefahr, als Sicherheitsproblem behandelt zu werden – und nicht als Stimme, die es zu hören gilt.
Somit betrifft das Sicherheitsgesetz alle Bürgerinnen und Bürger und gefährdet das Recht auf Meinungsäußerung jener, die widersprechen, die sich nicht anpassen, die schlichtweg die Erzählung von „Anstand“ und „Sicherheit“ stören.
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